Autor: Wolfgang
SALLY’S GARDEN
ICH STEH AN DEINER KRIPPE
Seniorenprojekt Uhlenbusch – die unendliche Geschichte von Beulen, Schrammen und Löchern
Was für eine Bilanz!
Die Vision am Anfang: Wir gründen ein Dorf, in dem vorwiegend ältere Menschen ihre Restlaufzeit verbringen können, in Gemeinschaft leben und aufeinander Acht haben, damit jede und jeder hier aktiv und selbstbestimmt alt werden, ein würdevolles Leben führen kann bis zum Ende.
Und auch das war am Anfang:
Eine große Baustelle und tiefe Löcher, in denen man immer wieder im Matsch versank, Paletten und Umzugskartons, auf denen man sich mühte, halbwegs trocken in die – noch wenigen Häuser – zu gelangen. Befestigte Wege, Beleuchtung oder gar Hausnummern gab es hier nicht – und wer im Dunkeln den Weg wagte, der war gut beraten, sich eine Taschenlampe mitzunehmen. Dumm, wenn man da beide Hände voll hatte …
Sümpfe und Löcher taten sich auf, als sich die nach und nach mehr werdenden Dorfbewohner zu organisieren begannen: Welche Struktur soll die Dorfgemeinschaft haben? Wie wird abgestimmt? Wie kann eine Mietervertretung organisiert werden? Wer kümmert sich um die Pflege des damals noch als Dorfladen geplanten Versammlungsraums? Wie wird ein gemeinsamer Garten anzulegen sein? Wann wird es Telefon geben? Was machen wir mit den Hunde-Hinterlassenschaften? Wo dürfen Bäume auf dem Grundstück gepflanzt werden? Wann verschwinden die Erdberge vor unseren Fenstern? Wo gibt es Parkplätze – und werden sie den Hausnummern zugeordnet werden? Wann kommt die Verkleidung für die Container und wie wird sie aussehen? Wann kommt eine Beleuchtung im Senioren-Dorf? Wie wird sichergestellt, dass Rettungsfahrzeuge auch mitten in der Nacht auf das Gelände kommen und das gesuchte Haus möglichst schnell finden? …
Dann der Paradigmenwechsel im Haus der GmbH: Entscheidungen werden nun nicht (mehr) gemeinschaftlich, sondern nach Gutsherrenart getroffen. Die Folgen: Der besondere Umgang miteinander qualifiziert sich darin, dass nicht genehme Mieter nicht gegrüßt werden. Dass verletzende Gerüchte über Mieter verbreitet werden. Dass man Aushänge mit Einladungen und Informationen ohne Rücksprache abhängt. Dass man ohne Rücksicht auf andere Mieter Hunde aufs Gelände schickt, weil einem das ja im Mietvertrag zugesichert wurde. Dass Angst-machende Hunde Dorfbewohner stellen und verbellen. Dass man andere Mieter in ihrer Freiheit einschränkt, einen zwei Meter hohen Zaun errichtet, um das Wohl der Tiere zu garantieren. Dass man ignoriert, welche Außenwirkung insbesondere Zaun und Tor haben. Dass man das große Gelände verwildern lässt und sagt, das seien naturnahe Anlagen. Dass man Mieter ungleich behandelt: Bohnen dürfen nicht am Haus gepflanzt werden, ein Anbau für Katzen aber ist erlaubt.
Das zum Hundedorf mutierte Seniorendorf hat inzwischen unendlich viele Schrammen und Beulen, die die ursprüngliche wunderbare Vision gemeinschaftlichen Lebens kaum noch erkennen lässt.
Da erscheint es nur folgerichtig, dass man bei Übergabe unserer Doppelhaushälfte noch einmal nachtritt. Diverse Pflanzlöcher werden angemahnt – Spott und Hohn auf dem Hintergrund unserer drei-jährigen Geschichte im Uhlenbusch! Dorothea Brand
Angekommen in Scharbeutz
So, nun sind die letzten Kisten ausgepackt und die Lampen an der Decke und die Bilder an der Wand. Gestern unsere Freunde im Uhlenbusch besucht und festgestellt: Es war höchste Zeit dort zu verschwinden.
Unsere neue Adresse
Biberburg 13 in 23683 Scharbeutz. Wir haben jetzt endlich funktionierendes Festnetz 04503 7048357 und der Handyempfang ist auch besser. Leider ist unsere Terrasse noch nicht fertig, aber es ist draußen sowieso zu kalt. Corona lässt uns auch kalt, bisher habe ich noch keinen Infizierten getroffen, wenn ich der App glauben darf. Weihnachten feiern wir auf kleiner Flamme, ich fahre über Bielefeld nach Kürten und Brühl um die Kinder und Enkel zu treffen und Doro mit ihren Kindern in die Heide. Am 1. Weihnachstag treffen wir beide uns dann wieder.
Von Flaschengeistern und was sie mit uns machen – Gottesdienst in Ahrensbök am 18.10.2020
Denn der Geist, den Gott uns geschenkt hat, lässt uns nicht verzagen.
Vielmehr weckt er in uns Kraft, Liebe und Besonnenheit.
Heile du mich, Herr, so werde ich heil. Hilf du mir, so ist mir geholfen.
Jer. 17,14 (Wochenspruch)
Liebe Frauen und Männer, liebe Schwestern und Brüder,
da steht sie – wie ein Häufchen Elend in der Ecke der Synagoge.
„Seht mal – die da!“ haben sie gerufen.
„Die hat ja einen Geist, der sie krumm macht! Hahaha!“
Da muss man schon sehr schwerhörig und dickfällig sein, wenn so etwas spurlos an einem vorübergeht!
Erinnerungen steigen hoch:
Eine Jugendliche hungert sich krank, wird magersüchtig, um Anerkennung eines vermeintlich geliebten Menschen zu bekommen.
Ein älterer Arbeitnehmer bekommt nach längerer krankheitsbedingter Abwesenheit die Kündigung.
Eine Mitarbeiterin verbreitet über den Kollegen Gerüchte, die diesen beim Chef in falsches Licht setzen.
Erfahrungen, die einen Menschen klein machen und krumm.
Sie kennen dieses Gefühl auch?
Eine kleine Übung:
Wir stehen ganz gerade.
Dann stellen wir uns vor, wir würden eine schwere Last tragen.
Sie drückt uns herunter, wir werden dabei gebeugt und schauen nur noch auf den Boden …
stehen ganz gekrümmt da –
wir können einander nicht mehr ins Gesicht sehen.
Auch so richtig tief durchatmen können wir nicht mehr.
Die Last wird immer schwerer, es schmerzt uns der Rücken.
Wir versuchen, einen Schritt zu machen, es geht nur ganz schwer.
Manch eine unter uns mag sagen:
Ich habe keine Perspektive. Ich sehe nur den Fußboden. Keinen Blick nach vorne. Keine Hoffnung auf wirkliche Veränderung/Verbesserung. Die Welt bleibt schlecht. Ich habe keine Hoffnung mehr.
Das Geschiebe über die Aufnahme von Menschen auf der Flucht – brodelnde kriegerische Begegnungen in Berkarabach – Mordanschlag auf einen Regimekritiker vermutlich von höchster Stelle gesteuert –menschenverachtende Präsidenten, ob sie Trump oder Lukaschenko heißen, die machtbesessen über Leichen gehen – schleppend und halbherzig vorankommender Klimaschutz – an der einen oder anderen Stelle gleichgültiger und fahrlässiger Umgang mit Corona – da kann man nur noch verzagt den Kopf hängen lassen.
Ich sehe nur noch den Fußboden vor mir – ja, das ist wie bei der kleinen Übung.
Die Frau in der Synagoge, die vom Anfang meiner Predigt, die war ganz krumm geworden über den vielen belastenden Erfahrungen. Keiner wusste so recht, was mit ihr los war. Vielleicht nicht mal mehr sie selber. Krumm und klein war sie geworden.
„Seht mal – die da!“ Immer wieder haben sie das gerufen.
„Die hat ja einen Geist, der sie krumm macht! Hahaha!“
Viele hatten so über sie gelacht.
Und hatten sie nicht Recht, die Leute?
Sie war doch klein und krumm geworden im Laufe der vielen Jahre. Aber sie hat immer weiter gemacht.
Die Geister, die ich rief, ich wird sie nicht mehr los – ja, so ähnlich.
Der Geist der Verzagtheit hat sich festgesetzt bei ihr. Einmal gerufen, und nochmal gerufen und nochmal ….
„Ich bin stets zu deinen Diensten“, sagt der Geist. Wie bei Aladin und seiner Wunderlampe. Einmal an der Lampe gerieben, steht er auf der Matte, bringt berauschende Mahlzeiten und ein wundervolles Schloss über Nacht, mit dem Aladin so richtig Eindruck schinden kann beim König, der ja die hübsche Prinzessin freigeben soll …
Die Geister, die ich rief, ich wird sie nicht mehr los.
Auch nicht den Geist, der klein und krumm macht.
Den Geist, der verzagen lässt.
Der Frau mit dem krummen Rücken widerfährt etwas Wunderbares.
Auch das erzählt das Lukas-Evangelium:
Jesus lehrt in der Synagoge (das ist so etwas wie eine Kirche).
Die krumme Frau steht in einer Ecke und hört zu.
Plötzlich hört sie, wie Jesus sagt: „Komm zu mir!“
Zuerst merkt sie gar nicht, dass sie gemeint ist.
Doch sie sieht die ganzen Füße, die sich zu ihr umdrehen.
Sie hört nochmal: „Ja, komm zu mir! Frau – dich meine ich!“
Sie humpelt nach vorne zu Jesus.
Einige andere fangen zu tuscheln an.
„Schaut doch mal – wie die geht!!“
Endlich steht sie vorne vor Jesus.
Er sieht sie freundlich an und sagt:
„Sei frei von deiner Krankheit!“
Und er berührt sie. Ganz behutsam. Er richtet sie auf!
Und sie kann den Rücken bewegen!
Sie flüstert: „Gott sei gedankt!“ Und ganz laut: „Halleluja!“
Da weht ein anderer Geist.
Nicht der Geist der Verzagtheit, der die Frau immer weiter zusammenfallen lässt, sondern der Geist der Liebe.
Die krumme Frau richtet sich auf – nein – richtig muss man sagen: Jesus richtet sie auf. Unter seinen Händen, mit seinen Worten kehrt ein anderer Geist bei der Frau ein. Der Geist der Verzagtheit verschwindet, der Geist des Kummers auch und der Geist der Verzweiflung. Ein neuer Geist nimmt Besitz von ihr.
Und das Wunderbare: Alle in der Synagoge haben das gesehen.
Das war damals.
Aber wie kann das heute ‚funktionieren‘?
Ich erzähle Euch eine kleine Geschichte:
Ein Mann hatte zwei Wasserkrüge. Beide Krüge befestigte er an den beiden Enden einer Stange, die er sich über die Schulter legte, wenn er Morgen für Morgen zum Fluss ging, um Wasser zu holen.
Der eine Krug war heil, während der andere einen tiefen Riss hatte, was dazu führte, dass der Krug nahezu leer war, wenn er von der Wasserstelle wieder zu Hause angekommen war.
Der gesprungene Krug war darüber sehr traurig. „Ich schäme mich so schrecklich“, weinte er. „Ich mache einen schlechten Job. Ich fühl mich so misslungen!“
„Aber ich wusste nicht, dass du dich so schlecht fühlst!“, sagte der Mann.
„Tu mir morgen einen Gefallen: Wenn wir von der Wasserstelle zurückkommen, schau mal auf unseren langen Weg zurück!“
Das geschah so.
„Und“ – fragte der Mann: „Hast du die schönen Blumen am Wegrand bemerkt?“
„Ja!“, seufzte der Krug.
„Hast du auch bemerkt, dass sie nur auf der einen Straßenseite wachsen? Ich habe immer bemerkt, dass du einen Sprung hast. Darum habe ich die Blumen am Wegesrand gepflanzt, die du jeden Tag begossen hast. Wenn du nicht so wärst, wie du bist, hätte ich nicht jeden Tag einen Strauß frischer Blumen auf den Tisch stellen können!“
Ich habe eben gefragt, wie ich denn den Geist der Verzagtheit heute loswerden kann.
Vielleicht so.
Vielleicht dadurch, dass ich eine neue Perspektive einnehme.
Wie der kaputte Wasserkrug. Der im Blick zurück etwas Positives zu erkennen vermag und mit und in seinem Mangel etwas Fruchtbringendes schafft.
Das eigentliche Wunder, das in der Synagoge damals geschieht, ist der Tausch der Geister: Der krankmachende Geist der Verzagtheit muss gehen – er darf keine Macht mehr über die Frau ausüben. Unter Jesu Händen findet ein neuer Geist den Weg in die Frau: Der Geist der Liebe – und wie es im Timotheus-Brief heißt: der Geist der Liebe, der Kraft und der Besonnenheit.
Dieser Geist – Gottes Geist – ist auch heute wirksam unter uns. Er ist es, der den Perspektivwechsel schafft.
Aller Verzweiflung, aller bitteren Flaschengeister in uns zum Trotz:
Der Geist, den Gott uns geschenkt hat, lässt uns nicht verzagen.
Vielmehr weckt er in uns Kraft, Liebe und Besonnenheit.
Das schafft den Perspektivwechsel, das schafft Veränderung.
Das Elend unserer Gegenwart bleibt, aber wir beginnen vielleicht nach Möglichkeiten zu suchen, wie wir uns engagieren können. Wie wir diese innere Kraft teilen können. Damit auch andere sich aufrichten und wieder atmen können.
Dieses Geistes Kind möchte ich sein. Und ich will lernen, an dieser von Gott geschenkten inneren Wunderlampe zu reiben, und den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit mir zur Hilfe kommen zu lassen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unser Verstand begreift, bewahre unser Herz und unseren Sinn in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.
Lied_ Du verwandelst meine Trauer in Freude, du verwandelst meine Ängste in Mut. Du verwandelst meine Sorgen in Zuversicht. Guter Gott, du verwandelst mich.
Gottes Wort im Herzen Gottesdienst in Pansdorf am 11.10.2020 (Wolfgang)
Zirkus in der kleinen Stadt: Das ist was besonderes, alle Kinder kommen nach der Schule, staunen über die vielen großen Tiere, die Pferde, die Kamele, die Löwen im Käfig und und den großen Elefanten. Am nächsten Tag kommen sie wieder und sehen wie die großen Stangen vom Zelt aufgebaut werden, der Elefant schleppt die schweren Stangen heran, die Männer ziehen gemeinsam die Seile und die Plane, bis das Zelt steht. Hinterher wird der Elefant zu seinem Platz zurückgeführt und angekettet. Franz staunt, da ist nur ein ganz kleiner Holzpflock an der Elefant angekettet wird. Dieser starke Elefant könnte auch den Holzpflock spielend aus dem Boden reißen. Franz ist in im Alter wo er noch denkt, er kriegt von Erwachsenen eine vernünftige Antwort. „Warum habt ihr den an dem kleinen Flock angekettet, der kann euch da weglaufen.“ Die Antwort des Wärters: „ Das haben wir immer so gemacht.“ hilft ihm nicht wirklich. „Der ist nie weggelaufen warumsollen wir das anders machen.“ Franz denkt nach; Dieser starke Elefant, er schleppt die schweren Stangen und dann wird er mit einer kleinen Kette an einem Minipfahl angekettet. Das macht doch keinen Sinn.
(Kette mit Pfahl aufbauen)
Zwei Jahre später kommt der Zirkus noch mal in die Stadt. Diesmal sind zwei Elefanten dabei, der große und ein kleiner junger Elefant. Und der wird an einen dicken Pfahl angekettet. Der Wärter erklärt: „Das machen wir, damit er sich nicht los reißt und alles zertrampelt, er ist doch noch so wild und jung.“ „Ja aber der Größere könnte sich doch viel leichter losreißen.“ „Tut er aber nicht.“ Franz beginnt nachzudenken. Warum verhält sich der starke große Elefant so. Er hat sich in sein Schicksal ergeben. Nur der kleine Elefanten muss ernsthaft angebunden werden.
Franz merkt in dem großen Elefanten stecken Kräfte, von denen dieser nichts mehr weiß. Seine Erfahrungen haben ihn dazu gebracht zu glauben, sobald er an der Kette liegt, kann er nicht weglaufen. Jetzt merkt Franz, dass bei ihm etwas ähnliches passiert ist. Früher glaubte er noch alles zu können, alles bewegen zu können, alles verändern zu können. Heute ist er vorsichtig, heute traut er sich manches nicht mehr. Manchmal ist das ja gut wenn man sich nicht mehr alles traut, man wird achtsamer und das hat einen gewissen Schutz. Aber es engt auch unheimlich ein. Heute kommt er sich vor wie jemand, der gar nicht weiß,was er wirklich alles kann und sich nicht mehr traut Neues auszuprobieren.
(Kette mit gelben Tuch in der Mitte auf den Boden legen, außen schwarze Tücher)
Es gibt Zeiten, und das kennen sie vielleicht auch aus ihrem Leben, da läuft alles wie gewohnt, da muss man nicht groß nachdenken, da läuft alles in einem gewissen Trott. Da weiß man morgens schon , was der Tag bringt und fängt erst gar nicht an nachzudenken, was denn sonst noch passieren könnte oder was man selber noch anders machen könnte. Aber dann gibt Zeiten, da ist plötzlich alles anders da weiß man nicht mal ein und aus, da verändert sich so viel auf einmal. Man wird orientierungslos, fragt sich hin und her, was denn richtig und sinnvoll zu machen ist. Und das geht nicht nur einzelnen Menschen so, das gilt auch für die ganze Gesellschaft. Ich erinnere mich an die 50er 60er Jahre in den ich aufgewachsen bin. Bis kurz vor Ende der 60er hat sich ja kaum was verändert, die allgemeine Vorstellung: die Amerikaner sind unsere Freunde die Russen unsere Gegner, alles war politisch klar und der wirtschaftliche Aufschwung nahm alle voll in Beschlag. Und dann wie von einem Tag auf den anderen und kamen plötzlich die wilden 68er ,70er Jahre. Plötzlich wurde alles in Frage gestellt, die Werte veränderten sich. Die Amerikaner zerbombten Vietnam und waren nicht mehr uneingeschränkt unsere Freunde. Die Wirtschaft kam ims stocken, Arbeitslosigkeit stieg an. Homosexualität, bis dahin gesetzlich verboten wurde gesellschaftsfähig. Und zu all dem musste sich dazu positionieren, selbst wenn man nicht selbst betroffen war.
Ich kann mir vorstellen, dass viele von uns die jetzige Situation so ähnlich empfinden. Durch die Corona Pandemie hat sich vieles verändert, was vorher selbstverständlich war. Selbstverständlich waren Familientreffen, selbstverständlich war das man an seine Alten besuchen konnte, selbstverständlich war dass man reisen konnte, selbstverständlich war, dass man feiern konnte mit wem man wollte. Das alles ist nicht mehr selbstverständlich und wir wissen nicht für wie lange. Ich bin ja so ein bisschen Statistiker und habe ausgerechnet, wenn wir weiter die niedrige Ansteckungsrate so haben wir hier im Norden wird uns die Pandemie noch viele Jahre beschäftigen.
Viele Menschen fordern deshalb auch schon eine ganz andere Moral, ein ganz anderes Umgehen miteinander, ein neues Denken. Viele sagen die Krise könnte uns etwas lehren, es könnte sozusagen ein Fingerzeig sein in welche Richtung wir uns bewegen müssen. Dass wir nicht überall auf der Welt rumreisen müssen dass das Schöne manchmal vor der Haustür liegt. Das in kleinen Treffen von wenigen Menschen manchmal mehr passiert und intensiverer Austausch stattfindet als in großen Ansammlungen von Menschen, die alle dasselbe konsumieren.
Unser heutiger Bibeltext legt hingegen nahe, auf das zu achten, was uns gegeben wurde und bereits in uns liegt.
5. Mose 11 Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. 12 Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? 13 Es ist auch nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest: Wer will für uns über das Meer fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? 14 Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.
Unser Bibeltext entstand in so einer Zeit, als alles sich veränderte. Die Menschen waren aus Babylonien zurückgekehrt und kamen in ein Land, dass ihnen fremd war. So vielleicht wie viele nach dem Krieg nach Westdeutschland, die aus dem Osten geflohen sind. Sie kamen in ein Land, das sie kaum kannten. Sie wurden nicht mit offenen Armen aufgenommen. Und so erlebten es die Rückkehrer aus Babylon auch. Es gab keinen Tempel, es gab keine Priester, die Religion war weg, die Kultur hatte sich verändert. Denn unter persischen Einfluss war nichts so wie früher, man konnte an nichts anknüpfen und war doch zurückgekehrt in dem Glauben und in der Hoffnung mal würde in das gelobte Land kommen. Nun kommt man in ein fremdes Land. Viele haben sicher damals auch geglaubt, es wäre nötig alles Neu zu denken und sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Neue Regeln für das Zusammenleben aufzustellen! Neue Gottesbilder zu entwerfen. Ganz anders von Gott zu reden als bisher. Vielleicht sogar einen neuen Gott anzubeten.
Aber die Juden hatten in Babylon das wichtigste bewahrt: die Thora, die alten Geschichten vom Auszug aus Ägypten, von Abraham von Moses und man hatte an jedem Sabbat sich diese Geschichten immer wieder erzählt. Man hat erlebt, man braucht keinen Tempel um Gott zu verehren. Man war jahrelang ohne Tempel und Priester ausgekommen, jahrzehntelang.
Unser Text wollte den Juden damals Mut machen. Sie hatten die Worte der Thora: „Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst“ jahrelang im Exil bewahrt. Eine bewährte Regel für jeden Menschen als Orientierung. Sie brauchen keine neuen Gottesbilder, sie brauchen erst recht keinen neuen Gott, keine neuen Regeln, keine neue Kultur. Alles was sie brauchen hat Gott längst ihr Herz gelegt. Mit dem was sie mitbringen ist alles da in ihren Herzen.
Und heute? Auch wir wissen was richtig ist, wir wissen was gerecht ist, wir wissen was gut ist. Wir brauchen keine neuen Gottesbilder und erst recht keinen neuen Gott. Ich denke es ist doch heute so, alles was jetzt zu tun ist, wissen wir längs.Wir brauchen keine neue Moral, wir müssen das, was längst bekannt ist nur umsetzen. War die Erkenntnis, dass man nicht überall hin reisen muss, sondern das Schöne oft vor der Tür liegt denn vor Corona nicht auch richtig? War der intensive Austausch in kleinen Gruppen nicht auch vor Corona wertvoller als der Genuss von Massenveranstaltungen?
Heute wissen wir um die Not der Flüchtlinge, sie nehmen den Tod im Mittelmeer in Kauf. Sie leben in Lagern und nehmen das alles auf sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben, was ihr hier in der EU verwehrt wird. Wir sehen dass sie unseren Schutz und unsere Hilfe benötigen.
Heute wissen wir, dass das Klima immer wärmer wird und kennen unseren CO2 Ausstoß und trotzdem reduzieren wie ihn so langsam, dass kaum etwas davon merkbar ist. Wir brauchen keine neue Moral, sondern nur das tun, was unser Herz uns sagt.
Und bezogen auf die Corona- Debatte: wir verdanken der Reformation eine Gotteserkenntnis, die uns davor bewahrt hat Corona als Strafe Gottes zu denken. Im ausgehenden Mittelalter hat man Passionsspiele begonnen, um Gott umzustimmen, als die Pest ausbrach. Heute suchen wir eher nach einem Impfstoff und nach gemeinsamen Regeln, um die die Pandemie einzudämmen. Luther hat immer wieder die Freiheit des Christenmenschen in den Mittelpunkt gestellt. Aber sie endet logischerweise dort, wo sie anderen Menschen schadet und sie gefährdet. Ich staune, wie gerade die Kirchen nach sturen Regeln arbeiten, statt sich auf das verantwortunsvolle Handel ihrer Mitglieder zu verlassen. Ich habe Gottesdienste in großen Räumen für mehr als 100 Personen erlebt, wo 4 Menschen saßen, die laut Landesgesetz nicht singen durften. Unsere Gottesdienste als Großveranstaltungen darzustellen grenzt in den meisten Gemeinden an anmaßende Übertreibung. Mir graut vor Weihnachtsgottesdiensten , an denen man Menschen an der Tür abweist: Kirche voll. Oder schlimmer noch reserviert für häufige Gottesdienstbesucher, wie es Frau Schwaetzer, Präses der EKD angedacht hat. Dann lieber draußen im Wald vor einer großen Tanne mit einer liebevoll gebauten Krippe und warmen Getränken, aber offen für alle.
Aber warum meinen manche Menschen, ohne Mundschutz in großen Gruppen zusammen kommen zu können? Denken sie nicht nach über die Gefahren für ihre Mitmensche. Hat Gott vielleicht doch nicht seine guten Regeln in alle Herzen gelegt? Das deutsche Sprichwort: „Was du nicht willst das man dir tu, das füge keinem anderen zu“ oder besser noch die positive Fassung davon aus der Bergpredigt:“Was du willst das man dir tu, das füge deinem Nächsten zu“ ist eigentlich für jeden Menschen einleuchtend. Zumindest wenn er den ersten Satz der Verfassung der USA akzeptiert: „All men are created equal“-“Alle Menschen sind mit gleicher Würde erschaffen“, denn dann steht logischerweise alles, was ich erhoffe auch allen anderen zu. Aber seit man sich nicht mehr sicher ist, ob selbst der Präsident der USA noch seine Verfassung kennt, staunt man nur, wie so einfache Regeln, die von Menschen aller Religionen und aller Regionen dieser Welt anerkannt werden, für einige scheinbar nicht mehr gelten
Vielleicht ist manches Gute im Herzen nur verschüttet. Durch die Ketten unserer negativen Erfahrungen. Durch grausame Erfahrungen in der Kindheit. Durch schlechte Vorbilder. Durch schwere Entbehrungen und Verluste. Aber auch durch die Medienflut, der man heute ausgesetzt ist und die einem die Auswahl schwer macht. Meist können wir unsere Ketten nicht selber aufbrechen. Aber manchmal dringt etwas von außen ein, ein Wort, ein Erlebnis, ein hilfreicher Mensch, ein Spiegelbild in den Wolken. Dann kann sich die Kette verbiegen und etwas von unserem Ursprung, was verschüttet war, kommt wieder zum Vorschein.
(gelbes Tuch unter eingedrückter Kette hervorziehen über das schwarze Tuch)
Eine kleine Geschichte kann das verdeutlichen:
Ein alter Indianer saß mit seinem Enkel am Lagerfeuer. Es war bereits dunkel geworden und das Feuer knisterte, während Flammen in den Himmel züngelten. Der Alte sagte nach einer Zeit des Schweigens: “Weißt du mein Enkel, wie ich mich manchmal fühle? Es ist als ob zwei Wölfe in meinem Herzen gegeneinander kämpfen. Einer der beiden ist grimmig und zornig und hoffnungslos. Der andere hingegen ist freundlich, motiviert und optimistisch.“ Der Junge lauschte gespannt. Nach einer Weile des Schweigens fragte er nachdenklich: “Und welcher der beiden wird den Kampf gewinnen?“ Es verstrich ein Moment der Stille. Dann erwiderte der Alte: „Der Wolf, den ich am meisten füttere“.
Und vielleicht sollten wir uns alle öfter mal fragen: „Womit kann ich den guten Wolf füttern? Oder auch – wie kann ich den grimmigen Wolf aushungern“
Wer offen für Gottes Wort ist, füttert sicher den richtigen Wolf.
Senioren-Projekt Uhlenbusch: Bullerbü für Senioren bekommt tiefe Schramme
Nachdem kürzlich eine Bewohnerin des Senioren-Dorfes von einem Hund so gebissen wurde, dass sie in ein Krankenhaus gebracht werden musste, hat das Wohnprojekt eine heftige Beule davongetragen. Ist doch die Freiheit, die die Tiere hier im Dorf genießen, Kernstück und Werbeträger des gesamten Projektes. Nun also ist es passiert, was in den letzten Monaten immer wieder im Dorf für Diskussionsstoff und Streit gesorgt hat – bis dahin, dass Mieter sich Rechtsbeistand genommen haben, um sich halbwegs friedlich und ohne Angst im Dorf bewegen zu können. Nun hat ein Hund gebissen und eine Mieterin verletzt. Es gibt zu denken, dass die Person, die gebissen wurde, mit Hunden umgehen kann und dem Hund vertraut war. Dass der Unfall auf dem Nachbargrundstück der DJO passiert ist, ändert nichts an dem Problem, dass ein solches Unfall-Geschehen jederzeit auch im Seniorendorf denkbar ist, da Hunde im Uhlenbusch frei laufen dürfen und einige Hundehalter dieses als einen Freibrief verstehen. Der geschehene Unfall ruft nach Konsequenzen.
Und hier setzt das Folgeproblem ein: Anstatt die Bewohner über den Unfall zu informieren, stellt man den Unfall als rein privates Problem dar. Da aber so etwas nie geheim bleibt – so sehr man sich auch bemüht – und auch m.E. nicht verschwiegen werden darf, bezichtigt man denjenigen, der den Unfall öffentlich macht, der Übergriffigkeit. Das ist schon eine seltsam verkehrte Welt, die man sich hier im Uhlenbusch schaffen will. Aber was tut man nicht alles, um nicht zugeben zu müssen, dass ein Konzept – sollte so etwa überhaupt je existiert haben! – zu scheitern droht.
Die geschätzt 25 Hunde im Seniorendorf Uhlenbusch werden sich immer wieder ‚Machtkämpfe‘ liefern – dumm für uns Menschen, die wir doch eigentlich nur in Frieden hier alt werden woll(t)en. Dorothea Brand
Senioren-Wohnprojekt Uhlenbusch:
Der Fuchs im Weinberg
Ganz was Besonderes sollte es sein, dieses wie eine Ferienhaussiedlung anmutende Dörfchen am Ende des Ortes Bosau, etwas Herausragendes, Außergewöhnliches, einmalig und uneinholbar für andere Wohnprojekte. Etwas Herausragendes, Außergewöhnliches auch, weil man hier Gemeinschaft leben will und aufeinander achtet, damit jede und jeder hier aktiv und selbstbestimmt alt werden, ein würdevolles Leben führen kann bis zum Ende.
Ernüchternd ist die Bilanz, wenn ich heute – im September 2020 – auf dieses Dörfchen schaue:
Der besondere Umgang miteinander qualifiziert sich darin, dass nicht genehme Mieter nicht gegrüßt werden. Dass verletzende Gerüchte über Mieter verbreitet werden. Dass man Aushänge mit Einladungen und Informationen ohne Rücksprache abhängt. Dass man ohne Rücksicht auf andere Mieter Hunde aufs Gelände schickt, weil einem das ja im Mietvertrag zugesichert wurde. Dass man andere Mieter in ihrer Freiheit einschränkt, einen zwei Meter hohen Zaun errichtet, um das Wohl der Tiere zu garantieren. Dass man ignoriert, welche Außenwirkung insbesondere Zaun und Tor haben. Dass man das große Gelände verwildern lässt und sagt, das seien naturnahe Anlagen. Dass man Mieter ungleich behandelt – Bohnen dürfen nicht am Haus gepflanzt werden, ein Anbau für Katzen aber ist erlaubt. Dass Entscheidungen nicht gemeinschaftlich, sondern nach Gutsherrenart getroffen werden.
Ernüchternd auch, dass mehr als die Hälfte der ersten Mietergeneration bereits ausgezogen ist. Aus meiner heutigen Perspektive gesehen, hat man uns, die erste Mietergeneration, mit einer Vision für ein alternatives Wohnen im Alter angeworben, dann aber festgestellt, dass die Menschen, die man sich herangeholt hatte, durchaus eine eigene Vorstellung vom Alt-Werden hatten, die aber nicht kompatibel mit der des Gründer-Ehepaars Reimann war. So kommt es nach nur gut einem Jahr ‚Laufzeit Uhlenbusch‘ zu einem von Ehepaar Reimann ausgerufenen ‚Paradigmenwechsel‘, der bei den ersten Mietern des Uhlenbuschs zum Eindruck geführt hat, ‚benutzt worden zu sein als geldgebende Pioniere‘. Jetzt aber, da alles wohl im Sinne der Gutsherren-GmbH läuft, kann man nicht genehme Mieter nicht schnell genug loswerden.
So ziehen wir, Wolfgang und ich, die Konsequenzen und verlassen nach genau drei Jahren den Uhlenbusch Ende November. Dorothea Brand
Ich möchte mich aus dem Uhlenbusch mit folgender kleiner Anekdote verabschieden:
Ein Fuchs findet einen besonders verlockenden Weinberg.
Die herrlichen Trauben reizen seine Gier. Aber der Weinberg ist sicher eingezäunt. Der schlaue Fuchs umschleicht den Zaun und findet eine winzige Öffnung, durch die er in den Weinberg eindringen will. Doch die Öffnung ist zu eng. In einer Mischung von Klugheit und Gier beschließt der Fuchs, so lange zu fasten, bis er durch den Spalt hindurchpasst.
Nach einer Woche endlich ist er so mager, dass er hinein kann. Nun frisst er sich an den wunderbaren Früchten satt und wird wieder so dick, dass er nicht mehr ins Freie gelangt. So muss er wieder lange fasten und sich verstecken, bis er hinaus kann. Als er endlich draußen ist, dreht er sich zum Weinberg um und ruft: „Weinberg! Weinberg! Wie schön bist du, und wie herrlich schmecken deine Trauben. Aber man hat keinen Nutzen von dir! So hungrig man zu dir hineinkommt, so hungrig geht man wieder aus dir heraus!“
So ist es wohl auch mit den Weinbergen des irdischen Ruhmes, der Macht und des Reichtums. Sie sind so verlockend und scheinen herrlich. Aber so nackt, wie wir auf die Welt kommen, werden wir sie auch wieder verlassen. Axel Kühner, Voller Witz und Weisheit